Wähler*innen mit internationalen Wurzeln bei der Kommunalwahl NRW 2025

Manuel Diaz Garcia

Die Bedeutung der Kommunalwahl NRW 2025 und ihrer Wählerschaft

Am 14. September 2025[1] findet in Nordrhein-Westfalen die Kommunalwahl statt. Als bevölkerungsreichstes Bundesland mit über 18 Millionen Einwohner*innen steht diese Wahl besonders im politischen Fokus. Zudem spiegelt NRW eine große Bandbreite sozioökonomischer und regionaler Vielfalt wider – von Düsseldorf bis Gelsenkirchen, vom Ruhrgebiet bis ins Münsterland. Wie hier gewählt wird, findet bundesweit Aufmerksamkeit.

Kommunalwahlen unterscheiden sich in mehrfacher Hinsicht von Wahlen auf Bundes- oder Landesebene. Erstens wählen Bürger*innen hier Vertreter*innen, die Entscheidungen direkt vor Ort treffen – gewissermaßen im „eigenen Vorgarten“. Zweitens gelten Kommunalwahlen als sogenannte Wahlen zweiter Ordnung: Das Interesse ist oft geringer, da die politische Gestaltungsmacht auf dieser Ebene begrenzt ist, was sich regelmäßig in einer deutlich niedrigeren Wahlbeteiligung widerspiegelt (Reif & Schmitt 1980). Drittens ist die wahlberechtigte Bevölkerung anders zusammengesetzt: Menschen mit internationalen Wurzeln und junge Menschen spielen eine größere Rolle. Wahlberechtigt sind alle Personen ab 16 Jahren mit deutscher oder EU-Staatsbürgerschaft. Damit kommt der kommunalen Ebene eine besondere Bedeutung für die politische Partizipation von Ausländer*innen zu.

Bei keiner anderen Wahl in Deutschland erhalten Wähler*innen so viele Stimmzettel wie bei der Kommunalwahl. Entsprechend unübersichtlich kann es werden, was genau gewählt wird. Dies hängt stark vom Wohnort ab. In kreisfreien Städten werden Oberbürgermeister*innen, Stadträte und Bezirksvertretungen gewählt. In Landkreisen stehen Landrät*innen und der Kreistag zur Wahl. In Städten und Gemeinden eines Landkreises werden Bürgermeister*innen sowie Stadt- oder Gemeinderäte bestimmt.

Nordrhein-Westfalen nimmt zudem eine Vorreiterrolle bei den Integrationsräten ein. Diese Gremien beraten die kommunale Politik in Fragen, die die ausländische Bevölkerung betreffen. Ihre Wahlen finden zeitgleich mit der Kommunalwahl statt – in Kommunen, in denen ausreichend viele Ausländer*innen wohnen. Die Integrationsratswahlen ermöglichen politische Teilhabe auch für Nicht-EU-Ausländer*innen. Wahlberechtigt sind sowohl Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft als auch eingebürgerte Deutsche. Eine ausführliche Diskussion zum Thema bietet ein eigener Beitrag von Paul Vierus[2] hier im Blog.

Trotz der großen Bedeutung der Wahl ist überraschend wenig über die genaue Zusammensetzung der wahlberechtigten Bevölkerung bei der Kommunalwahl NRW 2025[3] bekannt. Dieser Beitrag bietet daher eine kompakte Übersicht zur wahlberechtigten Bevölkerung mit internationalen Wurzeln. Wer ist für welches Gremium wahlberechtigt? Wie verteilen sich die Wahlberechtigten nach Staatsbürgerschaft? Und gibt es geografische Cluster bestimmter Staatsangehörigkeiten?

Wahlberechtigte mit internationalen Wurzeln bei der Kommunalwahl NRW 2025

Wer zählt zur Gruppe der Wahlberechtigten bei der Kommunalwahl NRW 2025? Zwei Dimensionen sind dabei entscheidend: Alter und Staatsbürgerschaft. Grundsätzlich gilt: Alle Menschen, die mindestens 16 Jahre alt sind und die Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedsstaates besitzen, sind wahlberechtigt.

Mit Blick auf die Staatsangehörigkeit lassen sich vier Gruppen unterscheiden, die bei der Kommunalwahl 2025 auf unterschiedliche Weise eine Rolle spielen. Darstellung 1 bietet einen konzeptionellen Überblick über diese vier Gruppen.

Zunächst ist die Gruppe der Deutschen zu nennen, die traditionell die größte Gruppe bildet (1). Dazu zählen alle Menschen, die mindestens die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen – sei es seit Geburt, durch Einbürgerung oder in Kombination mit einer weiteren Staatsangehörigkeit.

Davon abzugrenzen ist die Gruppe der Nichtdeutschen (2), also aller Personen ohne deutsche Staatsbürgerschaft. Innerhalb dieser zweiten Gruppe lässt sich weiter unterscheiden zwischen EU-Ausländer*innen (2A), die die Staatsangehörigkeit eines EU-Mitgliedsstaates besitzen, und Nicht-EU-Ausländer*innen (2B), die weder die deutsche noch eine EU-Staatsangehörigkeit haben.

Bei der Kommunalwahl sind die Gruppen 1 und 2A wahlberechtigt – also Deutsche und EU-Ausländer*innen. Für die Integrationsratswahlen hingegen sind die Gruppen 2A, 2B sowie Teile der Gruppe 1 wahlberechtigt, nämlich diejenigen, die eingebürgert wurden und die deutsche Staatsangehörigkeit nicht seit Geburt besitzen.

Darstellung 1: Konzeption der Bevölkerungsstruktur in NRW nach Alter und Staatsbürgerschaft

(Quelle: Eigene Darstellung)

Doch wie verteilt sich die Bevölkerung in NRW im Vorfeld der Kommunalwahl 2025 auf die vier genannten Gruppen? Darstellung 2 zeigt Zahlen[4] zur Größe dieser Gruppen auf Basis von Daten des Landesamtes für Statistik NRW. Die Gesamtbevölkerung in NRW liegt bei etwas über 18 Millionen Menschen, davon sind rund 15,3 Millionen mindestens 16 Jahre alt und damit im wahlfähigen Alter.

Mit Blick auf die Staatsbürgerschaft zeigt sich: Die Gruppe der Deutschen stellt mit etwa 12,9 Millionen Menschen den mit Abstand größten Anteil – rund 85 % der wahlfähigen Bevölkerung. Die Gruppe der Nichtdeutschen umfasst etwa 2,3 Millionen Menschen, also rund 15 %. Innerhalb dieser Gruppe ist die Zahl der Nicht-EU-Ausländer*innen, die nicht an der Kommunalwahl, aber an den Integrationsratswahlen teilnehmen dürfen, mit etwa 1,5 Millionen knapp doppelt so hoch wie die der EU-Ausländer*innen (rund 800.000).

Insgesamt lässt sich festhalten: Zur Kommunalwahl NRW 2025 sind schätzungsweise etwa 13,7 Millionen Menschen wahlberechtigt – die Summe aus Deutschen und EU-Ausländer*innen.

Darstellung 2: Annähernde Bevölkerungsstruktur nach Alter und Staatsbürgerschaft zur Kommunalwahl NRW 2025

(Quelle: Eigene Darstellung)

Die Verteilung der Wähler*innengruppen

Wie bereits erwähnt, ist Nordrhein-Westfalen als bevölkerungsreichstes Bundesland von großen regionalen Unterschieden geprägt. Auch die Verteilung der zuvor genannten Gruppen variiert stark je nach Region. Darstellung 3 gliedert das Bundesland in seine 396 Gemeinden und zeigt den Anteil der nichtdeutschen Bevölkerung ab 16 Jahren für jede einzelne Gemeinde. Dies gibt einen ersten Eindruck, wo beispielsweise Maßnahmen zur gezielten Wahlansprache dieser Gruppen erfolgversprechend sind.

Zwar sind nicht alle Menschen dieser Gruppe bei der Kommunalwahl wahlberechtigt. Aufgrund der zuvor dargestellten Zahlen lässt sich jedoch abschätzen, dass etwa ein Drittel der nichtdeutschen Bevölkerung die Staatsbürgerschaft eines EU-Mitgliedsstaates besitzt und somit wahlberechtigt ist.

Dabei lassen sich vor allem zwei Muster erkennen. Erwartungsgemäß sind die Anteile der nichtdeutschen Bevölkerung ab 16 Jahren in Großstädten wie Köln, Düsseldorf und im Ruhrgebiet deutlich höher als in ländlicheren Regionen.

Darüber hinaus zeigt die Karte erhöhte Anteile in den Grenzregionen zu den Niederlanden und Belgien. So grenzt die Gemeinde Selfkant unmittelbar an die niederländische Stadt Sittard, war nach dem Zweiten Weltkrieg zeitweise sogar niederländisch und weist mit 37,1 % den höchsten Anteil an Nichtdeutschen auf. Ähnlich hohe Werte zeigen Gemeinden wie Kranenburg (35,7 %), Emmerich am Rhein (30,3 %) und Weeze (28,4 %) im Grenzgebiet.

Das Gegenstück dazu findet sich im Nordosten des Landes: Marienmünster, eine Gemeinde an der Grenze zu Niedersachsen, hat mit 4,9 % den geringsten Anteil an nichtdeutschen Personen ab 16 Jahren.

Darstellung 3: Anteil der Nichtdeutschen Bevölkerung an der Bevölkerung ab 16 Jahren nach Gemeinden zur Kommunalwahl NRW 2025

(Quelle: Eigene Darstellung)

Zum Abschluss lohnt sich ein besonderer Blick auf die Gruppe der EU-Ausländer*innen. Zwar sind sie bei Wahlen auf staatlicher Ebene nicht wahlberechtigt, in NRW haben sie jedoch alle fünf Jahre die Möglichkeit, aktiv über die Politik in ihrer eigenen Gemeinde mitzuentscheiden. Darstellung 4 die anteilige Verteilung der Herkunftsländer der knapp 800.000 EU-Ausländer*innen.

Die meisten stammen aus Polen: Mit 20,4 %, also etwa 160.000 Menschen, stellen sie den größten Anteil der wahlberechtigten Ausländer*innen bei der Kommunalwahl NRW. Weitere bedeutende Herkunftsländer sind Italien (14,2 %) und Griechenland (9,3 %), die durch frühere Anwerbeabkommen in Südeuropa geprägt sind. Auch Rumänien (13,6 %) und Bulgarien (8,3 %) spielen eine wichtige Rolle in der Zusammensetzung der wahlberechtigten EU-Ausländer*innen. Weniger vertreten sind hingegen Menschen aus den nordischen Ländern und dem Baltikum. Dennoch zeigt sich innerhalb dieser Gruppe eine gewisse Heterogenität. EU-Ausländer*innen in NRW kommen aus sehr unterschiedlichen Staaten und bringen alle ihre eigenen Geschichten mit.

Darstellung 4: Verteilung der Herkunftsländer der EU-Ausländer*innen ab 16 Jahren zur Kommunalwahl NRW 2025

(Quelle: Eigene Darstellung)

Dieser Beitrag hat einen allgemeinen Überblick über die Wählerschaft mit internationalen Wurzeln bei der Kommunalwahl 2025 gegeben. Zunächst bleibt festzuhalten, dass die Kommunalwahl eine besondere Rolle für die politische Partizipation von Ausländer*innen in NRW spielt. Knapp 800.000 EU-Ausländer*innen können sich hier formell an der Politik in ihrem direkten Umfeld beteiligen. Dies bietet einen Zugang zur Politik, der auf anderen politischen Ebenen nicht gegeben ist und durch Betroffenheit das eigene Interesse und Engagement steigern kann: „Hier kann ich mitbestimmen – hierfür interessiere ich mich“. Nichtsdestotrotz ist diese Gruppe nur recht selten zur Wahl aufgerufen. Viele sind es gar nicht gewohnt wahlberechtigt zu sein und wissen daher vielleicht gar nicht, dass sie wählen dürfen. Für die Wahlbeteiligung ist es daher besonders in dieser Gruppe relevant über die Wahl zu informieren. Die geografische Verteilung hat gezeigt, dass es sich hier lohnt vor allem Grenzregionen und Großstädte anzusprechen, da hier die Zielgruppe am größten ist. Selbiges gilt für die ca. 1,5 Millionen Nicht-EU-Ausländer*innen, die auf kommunaler Ebene über die Integrationsräte entscheiden und so am demokratischen Prozess partizipieren können.

Referenzen

Reif, K., & Schmitt, H. (1980). Nine second‐order national elections–a conceptual framework for the analysis of European Election results. European journal of political research8(1), 3-44.


[1] Potentielle Stichwahlen finden am 28. September 2025 statt.

[2] Der Beitrag ist zu finden unter folgendem Link: https://www.politik-wissenschaft.org/2023/10/09/demokratische-teilhabe-durch-integrationsrate/.

[3] Für weitere Informationen rund um die Kommunalwahl NRW 2025 lohnt sich ein Blick auf hierdabei.de.

[4] Die hier vorgestellten Zahlen sind keine aktuell zutreffende Bevölkerungsstatistik, sondern beruhen auf älteren Fortschreibungen der Bevölkerung, die nicht die korrekten Zahlen abbilden sollen, sondern ein Gefühl für die Verteilung in der Bevölkerung vermitteln sollen. Die hier dargestellten Zahlen beruhen auf einer Sonderauswertung des Bevölkerungsstandes NRW zum Ende 2023 aus der Fortschreibung des Bevölkerungsstandes auf Basis des Zensus vom 15. Mai 2022 durch das Landesamt für Statistik NRW (IT.NRW). Unter der Annahme einer annähernd gleichbleibenden Bevölkerungsentwicklung von 2023 bis 2025 wurden die Bevölkerungszahlen ab 16 Jahren aufsummiert.


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